Seiten

Donnerstag, 24. November 2011

Ich kenne einen Ort da sieht man mehr Sterne, manchmal.

Kennst du das? Wenn so ein Gefühl in dir aufkeimt und dich ausleert, alles von dir aufsaugt und du nichts davon bemerkst? Bis du auf einmal in den Spiegel siehst und merkst dass dort, wo du sein solltest, nur ein großes Loch klafft? Es schleicht sich einfach durch die hindurch und du fühlst es nicht, bis du auf einmal verschwunden bist. Ich glaube genau das bin ich im Moment. Ein klaffendes Loch das lose im Raum hängt und das Licht verschluckt.
2556726.jpg
Ich würde jetzt gerne in eine grüne Ente mit offenem Dach steigen. Barfuß, mit einem Rucksack, ein paar leeren Büchern, ein bisschen Tinte und einer analogen Kamera. Vielleicht noch ein paar gute Kassetten und dann würde ich los fahren. Mit einer zerflederten Landkarte auf dem Beifahrersitz und einem Traumfänger am Rückspiegel. Dann würde ich über holprige Landstraßen fahren, in einer kleinen Boulangerie ein warmes Croissant essen und auf der morschen Bank am Schotterplatz den alten Herren beim Boule spielen zusehen, mit ihren Basquenmützen auf dem Kopf. Dann würde ich weiter fahren, immer der Sonne entgegen in Richtung Westen, über Felsen in der Bretagne balancieren und meine Beine in kalte Flussbetten hängen. Ich würde jeden Tag Baguette mit dem besten Schinken zu Mittag essen, in meiner Hängematte, die ich hinter den Dörfern in dem Schatten zwischen Bäumen aufhänge, und mit gesalzener Butter. Und wenn die Abendsonne langsam versinkt würde ich mich in meine zerschlissenen Ledersitze legen, die Füße zum Fenster hinausgestreckt und ich würde den Grillen lauschen, oder der Stille, ganz egal. Und am Meer würde ich Kilometer weit rennen bis meine Füße mich nicht mehr tragen und ich vor Kraftlosigkeit in den Sand sacke wo die Körner durch meine Finger rinnen wie die Zeit verfliegt. Und wenn die Wellen sich am Ufer brechen und die Nacht sie umsäumt würde ich gegen ihre Wucht anschreien bis sie meine Stimme verschlucken und mein Atem stockt. Nur um ein bisschen loszulassen, mich zu befreien. Ich würde mich früh morgens auf einen Fischkutter schleichen nur um das offene Meer zu riechen und die Küste zu sehen. Abends würde ich mich in die Dünen verziehen, mit einer Decke und ein paar losen Blättern und ich würde dem Wind und seinen Geschichten zuhören oder den Wellen um Worte für meine eigene zu finden. Ich würde von Stadt zu Stadt fahren, mit einer offenen Kiste in die ich jeden Tag etwas legen würde, das mich an diesen Tag erinnert. Ich würde mich an den Marktplatz setzen und mit der alten Frau sprechen, die dort immer sitzt oder ich würde Menschen beobachten, ganz egal. Dann würde ich mich und meine Ente auf einen Hügel stellen, mit einer Öllampe und offenem Dach  um die Sterne anzuschauen und die Wünsche zu sammeln, für jeden, der vergeht, einen. Die würde ich dann auf kleine Notizzettel kleben und mich damit vor ein Krankenhaus stellen oder mitten in eine Menschenmasse hinein. Und ich würde alle verteilen, bis keiner mehr für mich übrig wäre, aber das wäre nicht weiter schlimm. Ich würde weiterfahren bis ans Mittelmeer, an Mohnfeldern vorbei bis ich den Lavendel riechen könnte. Dort würde ich mich an das Pier eines Hafens setzen, mit ein paar Couchous in der Hand und ich würde essen bis mir schlecht wäre, während ich den Straßenmalern dabei zusehen würde wie sie ein bisschen Farbe auf die weiße Leinwand klecksen. Ich würde meine Füße in heißem Sand verbuddeln und mit den Zehen nach Muscheln suchen bis ich völlig erschöpft unter der glühenden Sonne einschlafen würde. Vielleicht würde ich ein bisschen Straßenmusik machen und mit dem Geld ganz viel Eis kaufen. Das würde ich an kleine Kinder verteilen oder alles selbst essen, damit es in mir aufhört zu brennen. Ich würde weiter fahren, über die Grenzen meiner Heimat hinaus und vielleicht würde ich irgendjemanden suchen der mir zuhört ohne ein Wort zu sagen, ohne mich anzusehen. Nur eine feste Umarmung, das wäre okay. Ich würde an einem Lagerfeuer sitzen, irgendwo wo die Sterne heller sind als anderswo und wo der Geruch von Rauch in der Luft mit einem Lächeln besser schmeckt. Ich würde dem Regen zuhören wie er an meine Scheibe klopft und ich würde in meinem Zelt überall Kerzen anzünden nur damit es von außen aussieht als wären es Glühwürmchen. Ich würde leben, denke ich. Genau das würde ich jetzt gerne machen. Mit einer kleinen grünen Ente davon fahren ohne in den Rückspiegel zu sehen, an dem mein Traumfänger baumelt. Ohne zu sehen ob irgendwer versucht mich einzuholen um mich daran zu hindern und ohne zu sehen ob mich jemand vermisst. Genau das würde ich jetzt gerne machen. Und ich würde dich mitnehmen, in Gedanken.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen