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Montag, 12. Dezember 2011

Als ob Hollywood gegen das echte Leben gewinnen könnte.

Es gibt da etwas, das mich unheimlich getroffen hat.
Eine Geschichte.
Sie war jung, Mutter von zwei Kindern, geschiedene Witwe und Sekretärin. Eine Frau ließ sich nicht scheiden. Sie hat es trotzdem gemacht. Eine Frau zog ihre Kinder damals nicht selbst auf. Sie hat es trotzdem gemacht. Eine Sekretärin verliebt sich nicht in den Chef. Und ein Chef verliebt sich nicht in eine Sekretärin. Sie haben es trotzdem gemacht. Aber es gibt Dinge, die bleiben tabu. Manchmal darf man sich nicht verlieben. Das ist so. Sie hat nie wieder geheiratet und sie hatte nie wieder einen anderen Mann an ihrer Seite. Sie haben ihr Leben gelebt. Sie war auf Reisen, hat die Welt gesehen, läuft bis heute mit gefärbtem Haar und niedrigen Pumps durch die Straßen. Und er? Er war ein treuer Ehemann, ein guter Vater. So wie sich das gehört. Und dann steht eines Morgens die Todesanzeige einer Frau in jeder Zeitung. Sie war dort, auf der Beerdigung der Frau, die sie hätte sein wollen. Nach 35 Jahren stand sie dort und hat dem Mann in die Augen gesehen, den sie geliebt hat, ihr halbes Leben. Das war vor zehn Jahren. Und als hätte es die Zeit nie gegeben waren sie von jenem Tag an unzertrennlich. Sie haben in zehn Jahren versucht aufzuholen was man in 35 Jahren verpasst. Jeden einzelnen Tag davon. Ohne jemals den Respekt und die Haltung zu verlieren. Denn man verliebt sich nicht in seinen Chef. Man verliebt sich nicht in die Sekretärin. Früher nicht und jetzt nicht. Das ist ein tabu. Sie haben sich gesiezt, jeden einzelnen Tag in fast jeder Situation. Nur manchmal, wenn sie gelacht haben, wenn sie sich unbeobachtet gefühlt haben, dann haben sie es manchmal vergessen. Dann war die Haltung für einen Moment nicht wichtig. Das waren die besonderen Augenblicke. Wenn er gelacht und seine Hand auf ihre Schulter gelegt hat oder wenn sich ihre Finger kurz berührt haben wenn sie gleichzeitig nach dem Wasser am Weihnachtstisch greifen wollten. Man hat das Knistern in der Luft gespürt. Und dann sagt er nur, ich komm gleich wieder. Ich komm gleich wieder, fahr nur kurz in die Stadt, warten Sie auf mich. Und sie sagt nur, ich warte auf Sie, er steigt ein und fünf Minuten später setzt sein Herz aus. Ich habe nie traurigere Augen gesehen als die, in die ich gestern schauen musste. Nie. Nie haben mich Augen trauriger angesehen und geflüstert, dass das zu früh war, weil zehn Jahre nicht genug sind wenn man ein halbes Leben verpasst hat. Und das hat mich getroffen.
Ich denke, das hätte ich jetzt gerne in einer Mail geschrieben, dann hätte das hier niemand gelesen weil das eigentlich total unspektakulär ist, aber das musste gerade einfach raus und außerdem ist das sowieso Mädchenkram.

1 Kommentar:

  1. witzig. ich lach gerade. dass du meine oma kanntest wäre mir neu. ich wünsche dir von herzen dass ich in kwick nie herausfinde wer du bist :*

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